von Lara Helsberg
Das Osnabrücker Land birgt einen vielfältigen und nahezu unerschlossenen Einblick in die Welt der Westgruppe der Trichterbecherkultur. Besonders die Großsteinanlagen dieser Kulturgruppe prägen das heutige Landschaftsbild des Stadt- und des Landkreises. Wie durch die Quellenlage festgestellt wurde, wurden viele der ehemaligen Anlagen auch nach der Bekanntgabe des Denkmalschutzgesetzes zerstört. Aus einigen Quellen geht eindeutig hervor, dass der Grund der Zerstörung die Erweiterung der Nutzfläche oder die Beschaffung von Rohmaterial darstellte. Die Zerstörungen lassen sich für die unterschiedlichen Anlagen auf einen langen Zeitraum beziehen, von dem der jüngst zurückliegende die Nachkriegszeit des zweiten Weltkrieges darstellt. Eine Vernichtung der Anlagen bedeutet, dass diese nicht mehr visuell auf der rezenten Oberfläche aufzufinden sind. Die Forschungsgeschichte zeigte jedoch in einigen Fällen, dass eine Wiederentdeckung, wenn auch zufallsbehaftet, möglich ist. Dafür müssen jedoch die Bedingungen stimmen, wovon diese, dass die Steine der Anlage im Acker versenkt wurden, die wichtigste Bedingung darstellt. Eine zufallsbehaftete Auffindung muss jedoch nicht die Regel sein. Dank Gerd-Ulrich Piesch und Wolfgang Schlüter konnten einige der vermeintlich zerstörten Anlagen im Osnabrücker Landkreis grob verortet werden. Auf dieser Grundlage konnten die Quellen geprüft und die Untersuchungsflächen systematisch eingegrenzt und bearbeitet werden.
Ziel der Ausarbeitung ist es, einen Teil zur Auffindung der zerstörten Großsteinanlagen im Osnabrücker Landkreis beizutragen und zu überprüfen, ob sich an den vermeintlichen Verdachtsflächen noch Reste der Großsteinanlagen erhalten haben, bzw. herauszufinden, ob die Geomagnetik als geophysikalische Prospektionsmethode die richtige Herangehensweise darstellt, um verschwundene Großsteingräber auffinden zu können.
In drei Fällen konnten Bedingungen festgestellt werden, die einer Erhaltung nicht widersprechen. Die weiteren Gräber scheinen hingegen komplett zerstört und entfernt worden zu sein. Im Folgenden sollen nun jene Gräber vorgestellt werden, bei denen eine Erhaltung zu erwarten ist.
Dübberort 3
Obwohl Brandi das Grab Dübberort 1 in seinen Ausführungen beschreibt, findet sich dort kein Hinweis zu einem weiteren, sehr nahe gelegenen Grabe (Brandi 1891, 255).
1989 beschrieb Wolfgang Schlüter den Erhaltungszustand des Grabes als zerstört, aber an der Oberfläche als ovale Bodenerhebung von etwa 15 Meter Länge und 10 Meter Breite erkennbar. Außerdem sei diese Stelle mit Granitgrus übersät gewesen. Der Boden an dieser Stelle hob sich zusätzlich durch eine helle Färbung ab. Ebenfalls wurden auf einer Fläche von 220 Meter x 500 Meter in direkter Umgebung des zerstörten Grabes Funde mit urgeschichtlichem Kontext erkannt (Wulf 2000, 458).
In einer ersten Kampagne 2016 wurden mit Hilfe der Universität Hamburg geomagnetische Untersuchungen durchgeführt. Das Bild des Magnetogramms ergab neben diversen Gruben eine trapezförmige Anomalie südöstlich des Großsteingrabes Dübberort 1. Die Anomalie besteht aus insgesamt acht, paarweise gegenüberstehenden Gruben und einer neunten, abschließenden Grube. Diese Struktur ist rund acht Meter lang und etwa zwei bis vier Meter breit. Da die Sloopsteine nur etwa einen Kilometer entfernt liegen und ebenfalls eine trapezförmige Struktur aufweisen, wurde angenommen, dass es sich bei diesen Gruben um die versenkten Tragsteine des zerstörten Grabes handeln könnte. Dies wurde 2017 in einer Sondage weiterführend untersucht.
Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Anomalien nicht um die erwarteten Trägersteine handelte, sondern um Gruben mit unterschiedlichen Verfüllhorizonten. Jedoch barg eine Grube einen Findling, sodass die Theorie des zerstörten Megalithgrabes nicht vollends ausgeschlossen werden kann. Vielmehr könnte es sich bei den verbliebenen Gruben um weitere, in den Boden gelassene Findlinge handeln.
Da die Ergebnisse der Sondagegrabung nicht stichhaltig sind, wurde die Magnetik weiter fortgesetzt. Abbildung 2 zeigt das entstandene Magnetogramm.
Das Magnetogramm erscheint bis auf drei große, recht mittige Anomalien deutlich homogen. Die drei auffälligen Anomalien haben zusammen eine Länge von ca. sechs Metern (Bezeichnung: A). Da sie nicht bipolar ausschlagen, handelt es sich in diesem Fall nicht um rezente Metalgegenstände, auch die nT (nano Tesla)-Werte geben keinen Hinweis darauf. Die größte der drei Gruben weist eine Länge von 3 Metern und eine Breite von ca. 1,7 Metern auf. Kleinere Gruben treten vereinzelnd auf. Besonders bei den Anomalien im nördlichen Bereich des Magnetogramms kann die vage Vermutung geäußert werden, eine mögliche Steineinfassung des Grabes Dübberort 1 beobachten zu können (Bezeichnung: B). Allerdings zeigen sich dort vereinzelt bipolare Störungen, die auch auf rezentes Metall hinweisen können. Der Filter liegt bei +/- 10 nT. Aufgrund der Tatsache, dass keine weiteren, größeren Gruben um diese Stelle herum auftauchen, wäre die Annahme, von einem versenkten Großsteingrab auszugehen, zu riskant. Die direkte Nähe zum noch bestehenden Grab Dübberort 1 würde der Tatsache jedoch nicht zwangsläufig widersprechen. Ein direktes Indiz, das gegen eine Ungewöhnlichkeit spricht, sind die Karlsteine bei Osnabrück. Die Entfernung der Großen und der Kleinen Karlsteine beträgt ebenfalls nur rund 50 Meter.
Osnabrück-Gretesch II
Ernst Sprockhoff beschreibt für den Osnabrücker Stadtteil Gretesch zwei noch vorhandene Großsteinanlagen (Sprockhoff-Nr.; 920 und 921). Beide Gräber sind zwar unvollständig, jedoch insgesamt recht gut erhalten. Er verweist in seiner Aufführung auf Justus Möser, der bereits 1768 beschreibt, dass sich dort die Spuren von weiteren zerstörten Anlagen befinden (Sprockhoff 1975, 126). Osnabrück-Gretesch zeichnet sich zudem im besonderen Maße durch die Tatsache aus, dass in diesem Ortsteil mögliche Überreste einer trichterbecherzeitlichen Siedlung gefunden werden konnten (Schlüter 2000, 18).
Aus J. K. Wächters Beschreibungen geht hervor, dass das Grab, welches im Rahmen dieser Maßnahme untersucht worden ist, bereits um 1790 teilweise zerstört gewesen sein muss (Wächter 1841, 105), bevor es im weiteren Verlauf komplett vernichtet wurde. Dennoch konnte Wolfgang Schlüter bei einer Feldbegehung in den Jahren 1987 und 1988 zahlreiche Granitfindlinge feststellen, die vermutlich vom Bodenpflaster der zerstörten Anlage herrühren (Wulf 2000, 138), sowie einzelne tiefstichverzierte Scherben, unter denen sich auch Randscherben befanden. Die Angabe Wolfgang Schlüters aus dem Jahre 2000, dass bei einer Feldbegehung sowohl Granitfindlinge als auch tiefstichverzierte Keramik gefunden werden konnten, ist als durchaus interessant zu deuten, da die Zerstörung zu diesem Zeitpunkt schon fast 200 Jahre zurücklag. Wie das Grab zerstört wurde, ist in den Quellen nicht deutlich geworden. Es bleibt somit die Möglichkeit bestehen, dass Teile des Grabes gesprengt und anschließend im Acker versenkt wurden.
Wie in nahezu allen Verdachtsflächen, zeigt das Magnetogramm (Abb.3) keine ungewöhnlichen Auffälligkeiten. Es sind vereinzelte Gruben zu erkennen, die auf keinen Zusammenhang hindeuten (Bezeichnung A). Vielleicht handelt es sich hierbei um zerpflügte Rückstände des Bodenpflasters oder weitere Rückstände des Grabes. Dies ist jedoch eine vage Vermutung, die nicht eindeutig belegt werden kann. Die Lage der Gruben orientiert sich in die Richtung, in der das zerstörte Großsteingrab vermutet wird und in dessen Nähe Wolfgang Schlüter noch Nachweise finden konnte. Der Filter liegt bei +/- 10 nT.
Grab in Krevinghausen
Bei J. K. Wächter wird Krevinghausen, ein Ortsteil der Gemeinde Bissendorf, als Bauernschaft Krevinghausen im Wassergebiet der Wierau beschrieben. Dort vermerkt er, dass insgesamt sieben Hünengräber vorhanden waren (Wächter 1841, 103). Jedoch sind bereits zu J. K. Wächters Zeiten drei der sieben Anlagen zerstört. Die vorhandenen beschreibt er wie folgt:
Die Ersteren bestehen resp. aus 4, 3 und 2 Trägern mit einem Decksteine. Die beiden Decksteine, die auf 4 Trägern ruhen, sind jeder 6′ lang und 4“ breit und ein jeder derjenigen, welche auf 3 und 2 Trägern ruhen, ist 9“ lang und 6“ breit. Die 3 herunter gefallenen Decksteine messen resp. 11 und 7“ in der Länge und 6 und 4′ in der Breite. Das Denkmal, welches auf 3 Trägern ruht, wird von dem Amte ein Opferstein genannt. Sie liegen sämmtlich in einer Reihe auf Privatgrund des Colonen Brünings zu Krevinghausen. (Wächter 1841, 103)
Ernst Sprockhoff jedoch kann seiner Zeit bloß ein Grab (Sprockhoff-Nr.: 918) nachweisen und beschreibt dieses als stark zerstört (Sprockhoff 1975, 125).
Die Megalithanlage, die nun Gegenstand dieser Untersuchung ist, befindet sich auf einer Landwirtschaftsfläche des ehemaligen Hofe Brüning. Gerd-Ulrich Piesch bezieht sich für dieses Grab auf den Regierungs- und Vermessungsrat Heinrich Höckmann, der das Grab nach dem Zweiten Weltkrieg vermessen haben soll. In seinem Aufsatz beschreibt er zudem noch weitere Zeugenaussagen ortsangehöriger Landwirte, die die einstige Anwesenheit des Grabes bestätigen (Piesch 1997, 9f.).
Bei einem persönlichen Gespräch zeigte mir der Neffe des ehemaligen Vermessungsrates Heinrich Höckmann die Stelle, auf der sein Onkel das Grab in der Nachkriegszeit vermessen hat. Dass dieses Grab keine Nummer bei Ernst Sprockhoff aufzuweisen hat ist fragwürdig, wo doch Ernst Sprockhoff bereits in den 1920er Jahren die Großsteingräber dieser Gegend aufnahm und das Grab erst nach den Vermessungsarbeiten Heinrich Höckmanns verschwand. Warum dies geschah, kann nicht geklärt werden. Es kann lediglich gemutmaßt werden, dass das Großsteingrab aufgrund eines erhöhten Zerstörungsgrades nicht mehr als solches erkennbar war.
Die Anomalie, die sich mittig am Rand des Magnetogramms (Abb. 4) zeigt, ist einem metallenen Schild geschuldet (Bezeichnung: A), welches sich in der Ecke der Prospektionsfläche befand. Zudem ist eine Bodenveränderung zu erkennen (Bezeichnung: B). Da es sich laut Quellenlage um das Grab handelt, welches zwischen den Vermessungsarbeiten Heinrich Höckmanns und den Aufnahmen Ernst Sprockhoffs entfernt worden sein muss, liegt der Verdacht nahe, an dieser Stelle Rückstände der Anlage beobachten zu können. Wenn bloß die Träger- und Decksteine abgetragen worden sind, hat sich möglicherweise ein Bodenpflaster erhalten. Dies würde zumindest die quadratische Form erklären. Auch der Ort, den mir der Neffe des Vermessungsrates Heinrich Höckmann zeigte, deckt sich mit dem Ort im Magnetogramm, in dem die Anomalien auftreten.
Als Resultat kann somit festgehalten werden, dass die Geomagnetik nur selten zum gewünschten Ziel führt, was jedoch den äußeren Bedingungen zur Last zu legen ist. Offensichtlich wurden die meisten Anlagen im Osnabrücker Landkreis komplett abgetragen und zerstört. In den meisten Fällen hilft die Geomagnetik dabei, eine Verdachtsfläche auf ihre Erhaltung hin ausschließen zu können.
Idealistisch betrachtet ist eine Auffindung jedoch möglich und könnte bei Fortführung an den restlichen Verdachtsflächen noch weitere Großsteinanlagen wiederauferstehen lassen, sofern die äußeren Bedingungen es zulassen. Außerdem kann mit jedem aufgefundenen Grab veranschaulicht werden, in welchem Maße die Anomalien auftreten, sodass eine dahingehende Sensibilisierung stattfinden könnte.
Die aktuell vorhandenen Gräber stellen jedoch ein rares Gut einer vergangenen Zeit dar. Besonders aus diesem Grund bedürfen die heute noch anwesenden Anlagen eines besonderen Schutzes und damit einhergehend auch einer gründlichen Aufarbeitung, da diese die letzten Zeugen einer vergangenen Kultur sind, die den Grundstein einer dauerhaft sesshaften Kultur im Osnabrücker Land legten.