Ein 3D-Modell der „Großen Karlssteine“
Was spricht für ein 3D-Modell in der Archäolgie? 3D-Modelle sind eine fantastische noninvasive Methode, um Archäologie „zum Anfassen“ zu betreiben und vor allem online für Interessierte eine „handfeste“ Möglichkeit bieten, ein Denkmal zu erleben. Das Denkmal kann aus jedem Winkel als Ganzes betrachtet werden und auch auf eine spielerische Weise können neue Blickwinkel auf die Vergangenheit möglich sein. In diesem kurzen Bericht soll das Vorgehen, die Schwierigkeiten und die Lösungen beschrieben werden, die beim Erstellen eines 3D-Modells von einem Großsteingrab auf uns zugekommen sind.
Die Erstellung eines 3D-Modells ist nicht sonderlich kompliziert, wenn man über eine entsprechende Software-Lösung verfügt, die speziell für diesen Zweck geschaffen wurde, und man sich an ein paar Regeln beim Fotografieren hält. So sollten möglichst viele Bilder aus jedem Winkel existieren und die Bilder müssen sich zu mindestens 30% überschneiden, damit die Software genügend Bilddaten zum Berechnen des Modells erhält. Bei weniger Bildern oder einer schlechteren Überschneidung entstehen Lücken im Modell, da die Informationen dann nicht ausreichen, um diese Lücken zu füllen. Auch muss die Qualität der Fotos ausreichend sein, damit alle Details in einem vernünftigen Rahmen von der Software erfasst werden können. Unscharfe Bilder erzeugen ein unscharfes Modell oder können für ein zu großes „Rauschen“ sorgen, das in einem größeren Nachbearbeitungsaufwand resultiert und dann trotz der Mehrarbeit kein schönes Ergebnis liefert.
Neben den kommerziellen Softwareangeboten, die mit hohen Lizenzkosten verbunden sind existieren auch eine Vielzahl von frei zugänglichern Open Source-Lösungen zur Erstellung solcher Modelle. Häufig sind deren Ergebnisse sogar mit den gängigen 3D-Druckern kompatibel, so dass ein auf diese Art erstelltes Modell sogar reell in kleinem Maßstab wiedergegeben werden kann. Da es sich allerdings bei der frei zugänglichen Software auch oft nur um Testversionen handelt oder sie zu einem anderen Zweck entwickelt wurden, können die Ergebnisse durchaus unterschiedlich ausfallen. Da Agisoft Photoscan zur Verfügung stand, wurde sich bei dem vorliegenden Modell auf diese teure kommerzielle Anwendung beschränkt.
Als erstes Projekt für ein 3D-Modell wurden die sogenannten Großen Karlssteine in der Nähe von Osnabrück ausgewählt. Die Großen Karlssteine befinden sich in Osnabrück-Haste, im Hone, am Osthang der Senke zwischen dem Haster Berg und dem Piesberg. Man erreicht die Fundstelle über die Oldenburger Landstraße (alte Bundesstraße 68) zwischen Osnabrück und Bramsche, etwa 1,6 Kilometer nördlich von Osnabrück. Bei Kilometerstein 5, etwa 100 Meter vor der Unterführung der neuen Bundesstraße 68, liegt das Großsteingrab rund 130 Meter östlich im Buchenwald, rund 105 Meter über dem Meeresspiegel. Die Fundstelle ist über einen Waldweg zu erreichen.
Das Megalithgrab, ist entlang seiner Längsachse nahezu ost-westlich orientiert. Die Grabkammer besteht aus vier Jochen, deren Tragsteine in Abständen zueinander stehen, bilden also keine durchgehende, geschlossene Wandung. Vier Tragsteine der nördlichen Langwand und drei oder vier Tragsteine der südlichen Langwand befinden sich noch in ihrer ursprünglichen Lage, ebenso der Tragstein der östlichen Schmalseite. Der Tragstein der westlichen Schmalseite ist hingegen umgestürzt. Drei von vier Deckplatten sind in die Kammer gestürzt, die westliche liegt noch auf den Tragsteinen in situ auf. Die größte Deckplatte misst 3,7 x 2,2 x 0,8 m. Da die Kammer leicht trapezförmig verläuft, beträgt die lichte Weite 8,5 x 3 m (im Osten), bzw. 2,3 m (im Westen). Zahlreiche kleine Steine in der Umgebung sind möglicherweise mit dem einstigen Zwickelmauerwerk zwischen den Trag- und Decksteinen oder der ehemaligen Grabbedeckung, von der keine Spuren mehr vorhanden sind, in Verbindung zu bringen. Der ursprüngliche Zugang zum Grab lag vermutlich auf der Südseite.
Da dieses Grab in seiner Erhaltung gut Oberirdisch zu erkennen ist und komplett umlaufen werden kann (diesem Umstand ist es zu verdanken, dass aus allen Positionen Fotos geschossen werden konnten), haben wir es als Fallbeispiel für die Erstellung unseres 3D-Modells ausgewählt. Nach dem Aussortieren von unscharfen Bildern konnten noch 1062 von 1152 Bildern verwendet werden. Es wurde aus jedem Winkel fotografiert und die Überschneidung der Bilder lag häufig bei 50% und mehr. Solche Bilderserien sorgen für ein gutes Ergebnis. Da es sich um eine normale Spiegelreflexkamera (Canon EOS 500D; 50 mm Festbrennweite/f 1,8; ISO 800; automatisch berechnete Belichtung und Verschlusszeit) handelt und keine Orthofotos, also Bilder mit im Hintergrund gespeicherten GPS Daten, geschossen wurden, kann das Grab nicht über den einfachen Weg geografisch verortet werden, und auch das in der Software verwendete Koordinatensystem stimmt nicht mit der Realität überein. Dies ist aber für dieses Projekt nur zweitrangig, da es die Funktion der Software zur Erstellung eines Modells nicht im geringsten beeinflusst.
Aus den von uns ausgewählten Bildern hat die Software Punktwolken generiert, die weiter gefiltert werden mussten, um dann ein 3D Modell erstellen zu können. Die erste Punktwolke vor der Bereinigung und in der schlechtesten Qualität (siehe Abb. 3) lässt bereits gut erahnen, was am Ende dargestellt werden soll. Allerdings zeigt sie auch die ersten Schwierigkeiten, mit denen man bei einem Modell von diesem Grab zu tun hat. Die Großen Karlssteine liegen an einem dicht bewaldeten Hang. Dies bedeutet neben unterschiedlichen Lichtverhältnissen auch viele umliegende Merkmale in den Bildern, die in der ersten Puktwolke auftauchen: Baumstämme. Auch diese sind in der Abbildung gut zu erkennen genauso wie der zwischendurch durch die Bäume fallende Sonnenschein. Die zwischendurch durch die Bäume tretenden Sonnenstrahlen sind allerdings in diesem Fall weniger das Problem. Die Baumstämme dagegen schon. Alle Punkte, die nicht zum Grab gehören, müssen vor den nächsten Berechnungen aus dem Bild genommen werden. Dies erfordert Handarbeit, da keine der erhältlichen Software automatisch erkennen kann, welche Punkte erhalten bleiben und welche verworfen werden sollen. Gerade im direkten Umkreis des eigentlichen Motivs kann dies bei zu viel Rauschen zu einer kniffligen Angelegenheit werden. Aufgrund der Punktdichte legt die Software bereits automatisch einen „Haupuntersuchungsrahmen“ an, ein Würfel wie in der Abbildung zu erkennen, der bereits dazu beiträgt, dass Punkte, die außerhalb liegen nicht weiter mit einbezogen werden in weitere Berechnungen. Für ein sauberes Ergebnis sollten diese trotzdem entfernt werden.
Abbildung 4 zeigt das bereits bereinigte Bild, indem alle „frei“ schwebenden Punkte um das Grab entfernt wurden, um eine möglichst klare und gut erkennbare „Kante“ der Megalithen zu erhalten. Nach dem Berechnen der Punktwolke, was in der schlechtesten Qualität nicht sonderlich lange dauert und nur wenig Rechenkapazität vom Computer erfordert und dem Bereinigen, muss die MESH Funktion verwendet werden, um aus den berechneten Punkten eine zusammenhängende Fläche zu erstellen, die das Oberflächenrelief des Grabes wiedergibt.Diese Funktion erstellt ein reines Graustufen Modell, da hier noch nicht die Farbinformationen der einzelnen Punkte miteinbezogen werden. Erst durch die TEXTUR Funktion wird das Modell bunt.
Die nächste Abbildung (5) zeigt, das in der Umgebung des Grabes gerade was den Erdboden betrifft deutlich stärker die Punkte hätten bereinigt werden müssen, da die Informationen für die Software zu spärlich waren um die reale Oberflächenstruktur des Bodens widerzuspiegeln. Dies sorgt in der Umgebung des Grabes im Modell für einige Verzerrungen.
Es gibt hier zwei Möglichkeiten dies zu verhindern. Entweder man beschneidet das Modell bei der Punktbereinigung stärker, um solche Bereiche auszuklammern oder man nimmt für die Berechnung der Punktwolke eine bessere Qualitätsstufe. Diese filtert mehr Informationen heraus und könnte damit ein besseres Ergebnis erzielen auch wenn die Datenlage nicht ideal ist. Allerdings bedeutet dies auch mehr Rechenzeit und der Computer sollte entsprechend Leistungsstark sein. Diese lange Rechenzeit hat uns dazu bewogen in diesem ersten Versuch nur mit einer LOW DENSITY Punktwolke zu arbeiten und die Bildmenge für sich sprechen zu lassen.
Und das Ergebnis hat uns Recht gegeben. Obwohl die Punktwolke nur eine geringe Dichte hat und die Software aus den Bildern mehr raus holen könnte ist die Textur bereits sehr schön und es existieren nur wenige Lücken im Modell. Die Bereinigung hat sich gelohnt und bereits nach weniger als einer Stunde Rechenzeit hatten wir ein sehr schönes Ergebnis vorliegen (Abb. 5).
Als kleine Spielerei und auch zur Anschauung was passiert, wenn das Bild nicht bereinigt wird zeigt die nächste Abbildung (6): Die Software hat zwar alle Punkte ausserhalb des Würfelrahmens nicht mit einbezogen, dennoch existierte innerhalb des Würfels zu viel Rauschen. Neben der stärkeren Verzerrung der Oberfläche in der Umgebung des Grabes bildet die Software kleine, über dem Grab schwebende „Blobs“ in der MESH-Berechnung ab. Sobald man für das Bild dann die TEXTUR berechnent wird klar, was diese „Blobs“ sind: Es handelt sich hier um die im Hintergrund fotografierten Baumstämme, deren Position der Bildpunkte von der Software natürlich nicht richtig zugeordnet werden konnten. Ein solches Ergebnis ist natürlich nicht erstrebenswert.
Um nicht allzu lange Rechenzeiten zu provozieren, gleichzeitig aber ein Lücken freies Modell des Grabes zu erhalten wurden die Bilder noch einmal sortiert. Hierbei wurde eine prozentual schwächere Überlappung in Kauf genommen um die Menge an Bildern in der Berechnung zu reduzieren. Die Wahl fiel auf 99 Bilder, die als Overview bezeichnet wurden. Das Ergebnis ist ein noch vollständigeres Modell (siehe folgende Abbildungen). Dies zeigt, dass auch mit einer geringeren Anzahl von Bildern ein schönes Ergebnis erzielt werden kann, wenn man die Berechnung von Punktwolke, Mesh und Textur entsprechend anpasst an die Gegebenheiten.