Die Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück gelangte im Juni 2017 in den Besitz einer kleinen Sammlung neolithischer Steingeräte aus dem Nachlass von Rudolf Hoffmann (Osnabrück). Es handelt sich um zwei Feuersteinbeile, zwei Feuersteinklingen und das Bruchstück einer Axt aus Felsgestein (ein sich ebenfalls in der Sammlung befindlicher Schleifstein wird hier nicht dargestellt, da dieser aus der Neuzeit stammt). Die Stücke sind mit kleinen beschrifteten Pappetiketten beklebt, die Auskunft über vormalige Besitzer oder Fundorte geben. Dabei zeigt sich, dass die Steingeräte aus unterschiedlichen älteren Sammlungen stammen und ursprünglich wohl im frühen 20. Jahrhundert (oder noch früher) zusammengetragen wurden. Das Ensemble soll an dieser Stelle aufgrund des sehr guten Erhaltungszustands vorgestellt werden. Die angeführten Inventar- und Fundstellennummern werden im Archiv der Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück geführt.
Die ersten drei Stücke stammen angeblich aus dem Altkreis Iburg und befanden sich vormals in der Privatsammlung des Apothekers Ellinger aus Georgsmarienhütte.
- Ein grau-braunes, dünnblattiges Feuerstein-Rechteckbeil, vollflächig geschliffen (Inv.Nr. B17:17 – Altkreis Iburg, FStNr. A77). Länge 19,4 cm, Breite 7,1 cm, Dicke 3,3 cm, Gewicht: 686 g.
Ähnliche dünnblattige Rechteckbeile wurden im Landkreis Osnabrück gefunden: Averfehrden (Wulf 2011, S. 429 Abb. 692), Gemeinde Glandorf; Druchhorn (Wulf 2011, S. 35 Abb. 53), Gemeinde Ankum; Westerholte (Wulf 2011, S. 48 Abb. 82), Gemeinde Ankum; Wehrendorf (Wulf 2011, S. 64 Abb. 124), Gemeinde Bad Essen und Lechtrup (Wulf 2011, S. 498 Abb. 790), Gemeinde Merzen. Keines der genannten Stücke stammt aus einem gesicherten archäologischen Kontext, so dass eine Datierung nur anhand überregionaler Vergleiche möglich ist.
- Ein dunkelbraun gebändertes, hell- bis mittelbraunes dickblattiges Feuerstein-Rechteckbeil, teilweise geschliffen (Inv.Nr. B17:18 – Altkreis Iburg, FStNr. A78). Länge 16,3 cm, Breite 4,7 cm, Dicke 3,0 cm, Gewicht 334,8 g.
Nahezu identische Parallelfunde aus Gesmold (Wulf 2011, S. 481 KatNr. 2315; Schlüter 2000, S. 28 Abb. 20), Gemeinde Stadt Melle; Hüsede (Wulf 2011, S. 56 Abb. 100), Gemeinde Bad Essen; Rabber (Wulf 2011, S. 63 Abb. 121), Gemeinde Bad Essen und Groß Mimmelage (Wulf 2011, S. 105, Abb. 200), Gemeinde Badbergen, stammen nicht aus stratifizierten Kontexten, so dass eine Datierung nur anhand von überregionalen Vergleichen vorgenommen werden kann. - Graugelber bis graubrauner Feuerstein-Spandolch (Inv.Nr. B17:19 – Altkreis Iburg, FStNr. A79). Länge 13,1 cm, Breite 2,6 cm, Dicke 0,7 cm und Gewicht 28,0 g. Beste Vergleiche aus dem Landkreis Osnabrück zu dieser Klinge stammen aus Erpen, Gde. Stadt Dissen am Teutoburger Wald (Wulf 2011, 381 Abb. 624,1) und Oldendorf, Gde. Stadt Melle (Wulf 2011, 485.487 Abb. 771,1). Beide Vergleichsstücke stammen aus archäologischen Grabungen und die Klinge aus Oldendorf fand sich sogar in einem geschlossen Kontext eines Flachgrabes der Einzelgrabkultur, so dass hier ein gesicherter zeitlicher Ansatz für das Stück aus der Sammlung Hoffmann gegeben ist.
- Braune bis gelblichbraune beidseitig vollretuschierte und lanzettfömige Feuersteinklinge (Inv.Nr. B17:20 – Gerden, FStNr. 7, Gde. Stadt Melle). Länge 11,5 cm, Breite 2,3 cm, Dicke 0,8 cm, Gewicht 27,5 g. Eines der Enden ist auf einer Länge von etwa 2 cm abgebrochen und wieder angeklebt worden. Auf dem angeklebten Pappetikett findet sich die Angabe des Namens W. Bekmann und die Jahreszahl 1916 – möglicherweise der Vorbesitzer und entweder das Datum der Fundzeit oder das Datum an dem die Klinge in die Sammlung Hoffmann gelangte. Direkte Vergleiche für die sehr symmetrische Form dieser Feuersteinklinge sind nicht im Landkreis Osnabrück zu finden. Am ehesten entsprechen die Funde aus Ellerbeck, Gde. Bissendorf (Wulf 2011, 215 Abb. 384) und Pente, Gde. Stadt Bramsche (Wulf 2011, 354 Abb. 577) der Form aus der Sammlung Hoffmann. Es handelt sich um Flintdolche, die an das Ende des Neolithikums oder in die ältere Bronzezeit datieren.
- Das Fragment einer, im Schaftloch abgebrochenen, schwarz-weiß-grau gemaserten Axt aus Felsgestein (Inv.Nr. B17:21 – Westerberg, FStNr. 39, Stadt Osnabrück). Die erhaltenen Maße betragen Länge 10 cm, Breite 5 cm, Höhe 6,1 cm, Gewicht 342,9 g. Auf dem Etikett ist vermerkt, dass das Stück ein Geschenk eines gewissen Hans Hölty aus Hasbergen sei. Das Stück stamme ursprünglich aus dem Garten des Direktors Franke am Westerberg in Osnabrück. Damit ist sehr wahrscheinlich Prof. Dr. August Franke (1866–1956) gemeint, Oberstudiendirektor am Ratsgymnasium in Osnabrück.
Das Stück ist aufgrund seines fragmentarischen Zustandes nur schwer typologisch einzuordnen, denn es kann sich sowohl um eine Knaufhammeraxt als auch um eine Doppelaxt handeln. Für beide Axtformen ist sowohl die beidseitig geschweifte Scheide als auch ein schmaler Grat um das Schaftloch herum bezeugt. Ein nur grob vergleichbares Stück einer Doppelaxt mit geschwungener Schneide und Grat am Schaftloch ist durch Ritzungen geometrisch verziert und stammt aus Grothe, Gde. Badbergen (Wulf 2011, 109 Abb. 204).
Sämtliche Stücke der Sammlung Hoffmann stammen aus dem zeitlichen Kontext der Einzelgrabkultur. Der gute Erhaltungszustand der Objekte – mit Ausnahme der Felsgesteinaxt – spricht dafür, dass sich die Funde möglicherweise ursprünglich als Beigaben in Gräbern befanden, die durch moderne landwirtschaftliche Überpflügung zerstört wurden.
von Daniel Lau / daniel.lau@steinzeitforschung.de